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INSOLVENZRECHT: Geldstrafen im Insolvenzverfahren

Insolvenzschuldner eine Geldstrafe aufgrund einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zahlen muss bzw. kann, wenn das Insolvenzverfahren über sein Vermögen bereits eröffnet ist.

Zahlt der Schuldner die Geldstrafe, begeht er unter Umständen eine Gläubigerbegünstigung. Diese ist wiederum strafbar und kann zur Versagung der Restschuldbefreiung führen. Zahlt der Schuldner nicht, so droht ihm die Ersatzfreiheitsstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist eine Freiheitsstrafe, die vollzogen wird, wenn eine vom Gericht verhängte Geldstrafe nicht geleistet wird bzw. aus wirtschaftlichen Gründen nicht geleistet werden kann. Dabei entspricht ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe einem Tagessatz der Geldstrafe.

Der Schuldner befindet sich also in einem Dilemma.

Vor diesem Hintergrund gab es viele Stimmen, die der Ansicht waren, dass es gegen das Grundgesetz verstößt, wenn man den Schuldner praktisch "zwingt" ins Gefängnis zu gehen, da er nicht zahlen darf, weil er während des Insolvenzverfahrens keine Gläubiger einzeln und bevorzugt befriedigen darf.

Das Bundesverfassungsgericht hat zu dieser Frage in einer seiner neuesten Entscheidungen (BVerfG Beschluss vom 24.08.2006 - 2 BvR 1552/06) nunmehr Stellung genommen. Es kommt zu dem Ergebnis, dass die Vollstreckung von Geldstrafen als Insolvenzforderungen gem. § 39 I Nr. 3 InsO durch Anordnung und Vollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe auch während des Insolvenzverfahrens zulässig und mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Im wesentlichen führt das Bundesverfassungsgericht folgende Gründe an:

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht

Die Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe setzt voraus, dass die Geldstrafe nicht eingebracht werden kann oder die Vollstreckung unterbleibt, weil sie in absehbarer Zeit keinen Erfolg verspricht (§ 43 S. 1 StGB i.V.m. § 459e II StPO). Spätestens ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass die Geldstrafe nicht eingebracht werden kann, weil

  1. der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verliert (§ 80 I InsO),
  2. die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht mehr zulässig ist (§ 89 I InsO) und
  3. Geldstrafen nachrangige Insolvenzforderungen sind (§ 39 I Nr. 3 InsO), also solche, die erst nach anderen Forderungen berücksichtigt werden und deshalb in den meisten Fällen gar nicht erfüllt werden.

Da somit die Geldstrafe nicht eingebracht werden kann, kommt die Anordnung der Ersatzfreiheitsstrafe in Betracht. Durch die Vollziehung der Freiheitsstrafe liegt auch keine Gläubigerbegünstigung vor, denn die Geldstrafe ist nicht vorrangig darauf ausgerichtet, dem Staat einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Vielmehr steht der Sanktionscharakter im Vordergrund. Der Schuldner soll das, was ihm als Sanktion auferlegt ist, nicht über das Insolvenzverfahren loswerden können. Die Geldstrafe wäre keine Strafe mehr, wenn sie den Schuldner nicht mehr persönlich, sondern vor allem die Insolvenzgläubiger treffen würde. Deren Quote würde sich nämlich verringern, wenn die Geldstrafe nicht durch Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden könnte.

Es liegt keine besondere Härte vor (§ 459 f. StPO)

Eine besondere Härte ist nicht gegeben, weil der Schuldner die Ersatzfreiheitsstrafe immer dadurch abwenden kann, dass er gemeinnützige Arbeit ableistet.

Fazit

Wenn der Schuldner Geldstrafen während des Insolvenzverfahrens einfach nicht zahlt und auch sonst nichts unternimmt, dann droht ihm Gefängnis. Er hat aber mehrere Möglichkeiten, dieser Gefängnisstrafe doch zu entgehen.

Am besten, der Schuldner lässt die Geldstrafe von einem Dritten, z. B. dem Ehepartner, bezahlen. Hat er diese Möglichkeit nicht, so kann er versuchen, mit den Behörden eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Raten darf er abbezahlen, soweit er sie aus seinem nicht pfändbaren Einkommen finanzieren kann. Das ist dann keine Gläubigerbegünstigung, da das nicht pfändbare Einkommen im Insolvenzverfahren regelmäßig auch nicht unter den Gläubigern verteilt wird. Kann der Schuldner auch keine monatlichen Raten zahlen, so bleibt ihm nur die Verrichtung gemeinnütziger Arbeit.

Rechtsanwältin Sandra Pöhnlein

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