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STEUERRECHT: Kürzung der Pendlerpauschale verfassungswidrig?

Nach dem Niedersächsischen Finanzgericht hegt auch das Finanzgericht des Saarlandes Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen gesetzlichen Regelung.

Ab dem 1. Januar 2007 wird die Pendlerpauschale in Höhe von 0,30 € je voller Kilometer pro Arbeitstag der kürzesten einfachen Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur noch ab dem 21. Entfernungskilometer gewährt.

Es werden daher alle Pendler betroffen. In Fällen, in denen der Weg zur Arbeit weniger als 20 Kilometer beträgt, fällt die Pendlerpauschale vollends weg. Bei längeren Arbeitswegen sind die ersten 20 Kilometer nunmehr "Privatvergnügen" und somit auch aus privater Tasche zu bezahlen. Der im Rahmen der Reform oftmals verwandte Begriff "Werkstorprinzip" zeigt auf, dass ein gänzliches Umdenken im Rahmen der steuergesetzlichen Gesetzgebung stattgefunden hat. Die berufliche Tätigkeit beginnt daher erst ab dem Erreichen des Werkstores. Der Weg dahin ist nunmehr der Privatsphäre zuzurechnen. Nur bei besonders langen Arbeitswegen (eben solchen über 20 Kilometern) werden die "erhöhten Aufwendungen" wie Werbungskosten behandelt. Diese neue Betrachtungsweise spiegelt sich auch in der umstrukturierten Form des Gesetzes in § 9 Abs. 2 EStG (Einkommensteuergesetz) wieder.

Ob diese Sichtweise mit dem Grundgesetz vereinbar ist, erscheint in höchstem Maße fragwürdig. So hat das Finanzgericht Niedersachsen mit Vorlagebeschluss vom 27.02.2007 (Az.: 8 K 549/06) diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Nach Auffassung der niedersächsischen Finanzrichter liegt in der ab 2007 geltenden Gesetzeslage ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Nach dem im Steuerrecht geltenden Nettoprinzip soll sich die Einkommensteuer nach der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen richten. Demnach bemisst sich die Einkommensteuer nach dem Einkommen, welches dem Steuerpflichtigen nach Abzug der beruflichen Aufwendungen verbleibt. Hierzu zählten bisher auch die Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte. Mit der Gesetzesänderung, mit welcher der Gesetzgeber nach Auffassung des vorlegenden Gerichts vornehmlich fiskalische Zwecke verfolgt, habe der Gesetzgeber die Grenzen seines Entscheidungsspielraumes überschritten.

Auch die Finanzrichter des Saarlandes (Az.: 2 K 2442/06) beurteilten die gesetzliche Neuregelung hinsichtlich der Pendlerpauschale als verfassungswidrig und haben ebenfalls im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dagegen hat das Finanzgericht Baden-Württemberg die Kürzung der Entfernungspauschale als verfassungskonform eingestuft. Nach dessen Auffassung qualifiziere der Gesetzgeber nunmehr alle Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als privat veranlasst. Folgerichtig mindern diese somit die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage nicht.

In der Diskussion um die Pendlerpauschale bleibt es somit weiterhin spannend. Vor allem wird für die weitere Rechtsentwicklung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und dessen Entscheidungsbegründung von wesentlicher Bedeutung sein. Für einige Steuerpflichtige geht es hier um erhebliche Geldsummen. Sofern im ungünstigsten Fall für 20 Kilometer an 220 Arbeitstagen die Pendlerpauschale entfällt, so summiert sich das in einem Jahr auf einen Betrag in Höhe von 1.320,00 €. Nur für Pendler, welche einen relativ kurzen Arbeitsweg haben und welche neben den Fahrtkosten keine sonstigen Werbungskosten haben, ändert sich durch die gesetzliche Neuregelung nichts. Diese Pendler bleiben ohnehin unter dem Werbungskostenpauschbetrag, welcher für 2006 und 2007 bei 920 € liegt. Allen anderen ist anzuraten, die weitere Entwicklung zu verfolgen und gegebenenfalls rechtzeitig Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen, um somit jeglichen Rechtsverlust bis zur verbindlichen Klärung der Verfassungsmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht zu verhindern.

Rechtsanwalt Nils Reimer

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