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ZIVILRECHT: Schadensersatzanspruch bei Ausfall des Internetanschlusses

Der dritte Senat des Bundesgerichtshofes hat einem Kunden eines Telekommunikationsunternehmens einen Schadensersatz zugesprochen, weil dessen Internetzugang infolge eines Fehlers bei der Tarifumstellung über mehrere Wochen nicht nutzbar war (BGH Urt. v. 24.01.2013, Az. III ZR 98/12).

Warum ist diese Entscheidung so erwähnenswert?

Generell setzt die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches voraus, dass der Schaden vom Geschädigten konkret dargetan werden kann. Der Anspruchsteller muss demnach genau beziffern, welcher Schaden in welcher Höhe ent-standen ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Ersatz für den Ausfall der Nut-zungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts grundsätzlich den Fällen vorbehalten bleiben, in de-nen sich die Funktionsstörung typischerweise als solche auf die Lebenshaltung signifikant auswirkt.

Klassischerweise zuerkannt wird der Nutzungsausfallschaden hingegen für den Ausfall eines Kraftfahrzeuges. Nimmt etwa ein Unfallgeschädigter nach einem Verkehrsunfall keinen Mietwagen in Anspruch und verzichtet stattdessen während der Reparatur auf die Nut-zungsmöglichkeit des Unfallfahrzeugs, so steht ihm eine Nutzungsausfallentschädigung zu, welche sich nach der Dauer des Ausfalls sowie den Einzelheiten des Unfallwagens richtet.

Auch für den Ausfall einer Kücheneinrichtung und der Nutzungsmöglichkeit eines Fahrrades wurde eine Nutzungsausfallentschädigung bereits zugesprochen.

Nach diesen Grundsätzen wurde ein Ersatzanspruch für den Ausfall eines Telefaxes (zumin-dest für den privaten Bereich) abgelehnt.

Im oben genannten Urteil hat der Senat im Ergebnis einen Schadensersatzanspruch auch für den Ausfall des Festnetztelefons abgelehnt. Zwar stellt die Nutzungsmöglichkeit des Telefons ein Wirtschaftsgut dar, dessen ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Wichtigkeit ist.

Die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt jedoch, wenn dem Geschädigten ein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht und ihm der hierfür anfallende Mehraufwand ersetzt wird. Vorliegend hat der Kläger für den Ausfallzeitraum ein Mobiltelefon benutzt; die hierfür angefallenen zusätzli-chen Kosten wurden ihm bereits von den Vorinstanzen zugesprochen (AG Montabaur - Urteil vom 7. Dezember 2010 – 5 C 442/10; LG Koblenz - Urteil vom 7. März 2012 – 12 S 13/11). Demgegenüber hat der Senat dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit zuerkannt, seinen Internetzugang für weitere Zwecke als für den Telefon- und Telefaxverkehr zu nutzen. Nach Ansicht der Richter sei die Nutzbarkeit des Internets ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist.

In den Urteilsgründen heißt es hierzu:

„Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer, jedenfalls vor dem hier maßgeblichen Jahreswechsel 2008/2009 beginnender Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Ver-fügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissenschaftlichen Themen. Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt (von der unübersehbaren Vielfalt z.B. nur: Fernabsatzkäufe, Hotel-, Bahn- und Flugbuchungen, Erteilung von Über-weisungsaufträgen, Abgabe von Steuererklärungen, An- und Abmeldung der Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie der Müllabfuhr, Verifikation von Bescheinigungen). Nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag des Klägers bedienen sich nahezu 70 % der Einwohner Deutschlands des Internets, wobei dreiviertel hiervon es sogar täglich nutzen. Damit hat sich das Internet zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signi-fikant im Alltag bemerkbar macht. Die Unterbrechung des Internetzugangs hat typi-scherweise Auswirkungen, die in ihrer Intensität mit dem Fortfall der Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu nutzen, ohne weiteres vergleichbar sind.“

Zur näheren Sachaufklärung in Bezug auf die Höhe des Nutzungsausfalls hat der Senat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Maßgeblich hierfür sind die marktüblichen, durchschnittlichen Kosten, die in dem betreffen-den Zeitraum für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung angefallen wären, abzüglich der auf Gewinnerzielung gerich-teten und sonstigen, eine erwerbwirtschaftliche Nutzung betreffenden, Wertfaktoren.

Erfreulich ist, dass sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zunehmend auch mit der Ein-gliederung neuer Medien und technischer Gegebenheiten befasst, so dass insoweit kein „rechtsfreier“ bzw. rechtlich ungeklärter Raum verbleibt.

Stand 01/2013

Rechtsanwalt Nils Reimer

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