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STRAFRECHT: Neuer Straftatbestand STALKING

Der Gesetzgeber will die lange Zeit von vielen Seiten angemahnte Lücke im Strafrecht schließen. Hierzu hat heute (30.11.2006) der Bundestag die Schaffung des neuen § 238 des Strafgesetzbuches beschlossen.

Die amtliche Überschrift des Paragraphen soll "Nachstellung" lauten. Gemeint ist damit das, was in der öffentlichen Diskussion und in den Medien als Stalking (nach dem englischen Wort "to stalk" was soviel wie "belästigen" bedeutet) bezeichnet wird. Im Interesse eines effektiven Opferschutzes wurde diese strafrechtliche Neuerung insbesondere von Opferschutzverbänden seit langem gefordert. Nach deren Ansicht enthielt das deutsche Strafrecht in diesem Bereich bisher eine unerträgliche Strafbarkeitslücke.

Die Beeinträchtigungen der Opfer sind beim Stalking oftmals dergestalt, dass andere, bisher bestehende Straftatbestände, insbesondere Nötigung oder Körperverletzung, nicht erfüllt sind. Jedoch werden durch Stalker die Opfer - insbesondere auch durch die Dauerhaftigkeit der Belästigung - in einem Maß beeinträchtigt, dass dieses Handeln in vielen Fällen durchaus als strafwürdig anzusehen ist.

Ohne einen entsprechenden Straftatbestand waren den Strafverfolgungsbehörden bisher jedoch die Hände gebunden. Insbesondere die Polizei konnte den Betroffenen oftmals mangels Vorliegen einer Straftat nicht helfen.

Der neue Straftatbestand § 238 StGB Nachstellung hat folgenden Wortlaut:

§ 238 Nachstellung

(1) Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich

1. seine räumliche Nähe aufsucht,

2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,

3. unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,

4. ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht, oder

5. eine andere vergleichbare Handlung vornimmt, und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Neben der Neueinführung des Straftatbestandes im Strafgesetzbuch soll dieser auch in den Deliktskatalog des § 112a der Strafprozessordnung aufgenommen werden. Diese Vorschrift zählt abschließend eine Reihe von Straftatbeständen auf, bei denen bei einem dringenden Verdacht die Maßnahme der sog. Sicherungshaft zulässig sein soll. Durch diese präventiv-polizeiliche Maßnahme sollen schwere Straftaten gegen Leib und Leben verhütet werden. Die Auswirkungen des neuen Straftatbestandes bleiben abzuwarten. Ob die Strafrechtspraxis sich wesentlich ändern wird, ist fraglich. Insbesondere im Hinblick auf die angespannte Personalsituation bei den Strafverfolgungsbehörden dürften diese über neue zusätzliche Arbeit wenig erfreut sein.

Umgekehrt ergibt sich durch das neue Delikt auch die Gefahr der falschen Beschuldigung. Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz wird es daher auch hier sein, durch maßvolle Gesetzesanwendung schnellstmöglich ein Leitbild zu schaffen, um so die Grenze des Erlaubten für die Allgemeinheit sichtbar zu machen.

Rechtsanwalt Nils Reimer

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