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IT-RECHT: OLG Frankfurt verneint generelle Überwachungspflicht von Familienangehörigen bei Nutzung des Internetanschlusses

Unter dem Aktenzeichen 11 W 58/07 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main durch Beschluss, dass die Kosten eines Eilverfahrens wegen Urheberrechtsverletzung aufgrund einer Rechtsverletzung durch Filesharing nicht ohne weiteres vom Anschlussinhaber zu ersetzen sind.

Die Verfügungsklägerin, welche die Rechteinhaberin an bestimmten Musiktiteln ist, nahm einen Internetanschlussinhaber im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens als Störer wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch.

Es wurde ermittelt, dass von der IP-Adresse des Verfügungsbeklagten mehrere Musiktitel heruntergeladen wurden. Da diese somit gleichzeitig zum Upload bereitstünden, handle es sich um eine Urheberrechtsverletzung.

Nicht klar war jedoch, welche Person diesen Verstoß begangen hat. Neben dem Beklagten hatten wohl noch seine vier, zum Teil minderjährigen, Kinder Zugang zum Computer.

Nachdem der Beklagte im Rahmen der Widerspruchsverhandlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte und die Parteien daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, ging es nunmehr noch um die Kostenentscheidung.

Das Gericht hatte demnach über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, was im Ergebnis zu einer inzidenten Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache führte.

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht wiesen die Kosten der Klägerin zu. Zur Begründung führt das OLG aus, dass weder die persönliche Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten noch eine sonstiges pflichtwidriges Unterlassen des Beklagten, welches diesen zum Störer machen würde, glaubhaft gemacht wurde.

In diesem Zusammenhang stellte das Gericht fest, dass für den Beklagten keine generelle Prüfungs- und Überwachungspflicht seiner Familienangehörigen besteht, soweit keine Anhaltspunkte für etwaige Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Das OLG führt dazu aus:

"Der Umfang der Prüfungspflicht richtet sich danach, inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Überlässt der Inhaber eines Internetanschlusses diesen dritten Personen, kann ihn die Pflicht treffen, diese Nutzer zu instruieren und zu überwachen, sofern damit zu rechnen ist, dass der Nutzer eine Urheberrechtsverletzung begehen könnte. Eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, besteht jedoch nur, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen wird. Solche Anhaltspunkte bestehen deshalb grundsätzlich nicht, solange dem Anschlussinhaber keine früheren Verletzungen dieser Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt sind oder hätten bekannt sein können. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Ehemann seiner Ehefrau, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat, seinen Account für den Handel auf einer Verkaufsplattform überlassen kann, ohne die Ehefrau ständig überwachen zu müssen (Urteil vom 16.05.2006 - 11 U 45/05, Seite 10 des Urteilsumdrucks, nicht rechtskräftig). Das gleiche gilt für die Zurverfügungstellung des Internetanschlusses und ebenso wie gegenüber dem Ehegatten im Verhältnis des Anschlussinhabers zu seinen Kindern. Auch wenn Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet wird, hat ein Anschlussinhaber nicht bereits deshalb einen Anlass, ihm nahestehende Personen wie enge Familienangehörige bei der Benutzung seines Anschlusses zu überwachen (LG Mannheim, MMR 2007, 267, 268 mit zustimmender Anmerkung von Solmecke; 459, 460; anderer Ansicht LG Hamburg, CR 2006, 780, 781 und MMR 2007, 131, 132)."

Da ein Rechtsmittel, insbesondere die Rechtsbeschwerde gegen die gerichtliche Entscheidung nicht besteht, ist diese rechtskräftig.

Die Entscheidung ist für jeden Inhaber eines Internetanschlusses zu begrüßen. Die Pflichten von Anschlussinhabern im Hinblick auf die Überwachung von Mitbenutzern des Anschlusses wurden in jüngster Zeit von einigen Rechteinhabern sehr stark ausgeweitet, um gegen diese im Rahmen der Störerhaftung vorzugehen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Obergerichte dieser Linie anschließen.

Rechtsanwalt Nils Reimer

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